Heute ist sie eine Diva von 69 Jahren - und hasst das Modewort "Transgender". Von Katja Iken. Er blättert Der andere, ein britischer Superstar, ruft mitten in der Nacht seine Plattenfirma an.
Er besteht darauf, dass man augenblicklich seine Schallplatten in Romy Haags Wohnung bringt, weil sie nur Supertramp und Queen im Schrank stehen hat. Sein Name: David Bowie. Einer, über den Romy eigentlich kein Wort verlieren möchte. Es dann aber doch kurz tut. Ein Mann eben", sagt Deutschlands wohl bekannteste Transsexuelle , lacht in sonorer Bariton-Lage und nippt am Aperol Spritz, der in der gleichen Farbe leuchtet wie ihr Haar.
Und doch sieht man, wie sich ihre Augen verengen, sobald sie auf ihre Romanze mit Bowie in den Siebzigerjahren angesprochen wird. Aus Talkshows sei sie ausgeladen worden, weil sie nicht über den "Starman" sprechen wollte. Als Bowie starb, hätten Hunderte von Journalisten sie sprechen wollen - kaum einer fragte nach Haag persönlich.
Dabei verlief ihr Leben, ihr Streben nach Freiheit und Anerkennung, doch mindestens genauso dramatisch. Edouard Frans Verbaarsschott, in Scheveningen geboren, stellte früh fest, im falschen Körper zu stecken. Vergebens: Der Junge fühlte sich als Mädchen, ausgelacht von Mitschülern, missbraucht von einem katholischen Priester ebenso wie von einer Nachbarin - ausgerechnet jener Frau, der sich das Kind in seiner Not anvertraut hatte.
Mit zwölf brannte Edouard erstmals durch, Richtung Paris, um die legendäre Coccinelle zu sehen, eine transsexuelle französische Entertainerin. Die niederländische Exotin verdrehte in den Sechzigern halb Paris den Kopf. Und beglückte am Rande einer Gruppensex-Party den Schah von Persien - der habe sie, wie Haag in ihrer Autobiografie schreibt, mit einem Samtbeutel voller Edelsteine entlohnt.
